Manganometrie

Die Manganometrie umfasst Redoxtitrationen, bei denen als Maßlösung Kaliumpermanganatlösung verwendet wird.

Diese Titrationen basieren auf dem großen Oxidationsvermögen des Permanganations MnO4 und werden auch als manganometrische Titrationen bezeichnet. Alternativ spricht man von Permanganometrie.

Ein Beispiel für eine manganometrische Titration ist die Bestimmung von Eisen(II)-Ionen in schwefelsaurer Lösung.

Grundlagen der Manganometrie

Je nach pH-Wert des Reaktionsmediums verlaufen manganometrische Titrationen sehr unterschiedlich.

Der Großteil der für manganometrische Titrationen relevanten Umsetzungen findet in sauren Lösungen statt, wobei die Reaktionsgleichung wie folgt aussieht:

MnO4 + 8 H+ + 5 e → Mn2+ + 4 H2O

Das Mangan im Permanganation wird zum Mangan(II)-Ion reduziert während 8 Wasserstoffionen zu 4 Molekülen Wasser umgesetzt werden.

Ein Beispiel, in dem die Titration mit Kaliumpermanganatlösung im neutralen Bereich durchgeführt wird, ist die Oxidation von Hydrazin.

Die Reaktionsgleichung für Umsetzungen im schwach sauren, schwach alkalischen oder neutralen Milieu lautet wie folgt:

MnO4 + 4 H+ + 3 e → MnO2↓ + 2 H2O

Im Gegensatz zur Umsetzung im sauren Bereich wird das Mangan hier nur zum Mangandioxid reduziert.

Die Reaktionsmechanismen der beschriebenen Umsetzungen sind allerdings nicht so simpel, wie die angegebenen Gleichungen vermuten lassen.

Darüber hinaus kann auch im stark alkalischen Bereich titriert werden, wobei eine Reduktion des Permanganats zum Manganat(VI) erfolgt:

MnO4 + e → MnO42-

Ein Beispiel für die praktische Verwendung dieser Reaktion ist die Phosphitbestimmung.

Herstellung der Kaliumpermanganatlösung

Zur Herstellung der üblicherweise verwendeten 0,1 molaren Kaliumpermanganatmaßlösung werden ca. 3,2 g Kaliumpermanganat auf einer Laborwaage eingewogen und in einer sauberen Flasche in einem Liter entionisiertem Wasser gelöst.

Diese Lösung lässt man 1-2 Wochen stehen, da sie zunächst auch bei sauberem Arbeiten Spuren von Ammoniumsalzen, Staubpartikel sowie weitere organische Verunreinigungen enthält, die durch das Permanganat oxidiert werden. Folglich nimmt der Titer zunächst immer ab.

Daraufhin wird die Lösung mittels eines Glasfiltertiegels filtriert und in einer sauberen Vorratsflasche lichtgeschützt aufbewahrt. Diese Filtration ist notwendig, da der zuvor entstandene Braunstein die Zersetzung des Permanganats katalysiert, was zu einer weiteren Absenkung des Titers führt.

Vor der Verwendung der Kaliumpermanganatmaßlösung muss deren Titer noch mit einer Urtitersubstanz wie Natriumoxalat oder chemisch reinem Eisen bestimmt werden, wobei die Titerstellung mit Natriumoxalat vorzuziehen ist.

Analysen durch manganometrische Titration

Prinzipiell ist zunächst festzuhalten, dass es eine sehr große Bandbreite an Anwendungen der Manganometrie gibt. Diese Bandbreite reicht von der Analyse von Metallen wie Eisen und Calcium bis zur Analyse von Oxalat oder Wasserstoffperoxid.

Analyse von von Eisen(II) und Eisen(III) in schwefelsaurer Lösung

Eine erste Anwendung der Manganometrie war im Jahre 1846 die Bestimmung von Eisen(II)-Ionen in schwefelsaurer Lösung. Dieser Titration ist hochgenau und verläuft nach der folgenden Reaktionsgleichung:

MnO4 + 5 Fe2+ + 8 H+ → Mn2+ + 5 Fe3+ + 4 H2O

Bei der Bestimmung einer Eisen(II)-sulfatlösung ist der Endpunkt erreicht, sobald die Probenlösung nach der letzten Titriermittelzugabe für eine Minute eine schwache Orangefärbung beibehält.

Ursache der Färbung sind die entstandene schwach gelbliche Eisen(III)-Salzlösung sowie die rotviolette Farbe des nicht umgesetzten Permanganats.

Um den Endpunkt visuell noch besser zu erkennen, kann außerdem eine geringe Menge Phosphorsäure zugesetzt werden. Mit dieser bilden die Eisen(III)-Ionen farblose Komplexverbindungen, sodass die Lösung durch die Permanganationen am Titrationsende rosa bleibt.

Wenn statt einer Eisen(II)- eine Eisen(III)-sulfatlösung analysiert werden soll, muss das Eisen zunächst quantitativ in Eisen(II) überführt werden. Dies kann beispielsweise durch Umsetzung mit schwefliger Säure, naszierendem Wasserstoff oder Zinn(II)-chlorid erfolgen.

Um Eisen(II) neben Eisen(III) zu bestimmen, sind 2 Titrationen erforderlich. Durch eine direkte Titration eines Teils der schwefelsauren Lösung wird zunächst der Eisen(II)-Gehalt bestimmt. Eine weitere Probe wird vor der Bestimmung reduziert, sodass die Eisen (III)-Ionen in der Probe zu Eisen(II) reduziert werden und die Titration den gesamten Eisengehalt in der Probe liefert. Der Eisen(III)-Gehalt lässt sich dann durch Subtraktion einfach berechnen.

Analyse von Eisen in salzsaurer Lösung nach Reinhardt und Zimmermann

Beim Versuch der Bestimmung von Eisen(II)-Ionen in salzsaurer Lösung ergeben sich drei Schwierigkeiten:

  1. Der Titrationsendpunkt ist ungleich schwerer zu erkennen.
  2. Bei der Titration wird Chlor freigesetzt.
  3. Der Verbrauch an Permanganatlösung ist deutlich höher als bei der Titration einer identischen Menge Eisen(II)-Ionen in schwefelsaurer Lösung.

Der Reaktionsverlauf entspricht folglich nicht der zuvor angegebenen Reaktionsgleichung, stattdessen wird die Salzsäure teilweise zu Chlor oxidiert und man muss von einem deutlich komplizierteren Reaktionsschema ausgehen.

Der genaue Verlauf der Reaktion ist noch unbekannt aber man geht aktuell davon aus, dass das folgende Gleichgewicht eine entscheidende Rolle spielt:

Mn3+ + e ↔ Mn2+

Aufgrund des hohen Redoxpotentials dieses Systems können neben den Eisen(II)-Ionen außerdem Chloridionen oxidiert werden.

Um auch in salzsauren Lösungen Eisen(II)-Bestimmungen durchzuführen, ist es erforderlich, der Probenlösung Reinhardt-Zimmermann-Lösung zuzusetzen. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Mangansulfatlösung, Phosphorsäure und Schwefelsäure, die eine Oxidation von Chloridionen während der Analyse weitgehend unterbindet.

Die Reinhardt-Zimmermann-Lösung sorgt durch eine hohe Konzentration an Mangan(II)-Ionen für ein niedriges Oxidationspotential des Mn2+/Mn3+ Systems, sodass Chlorid nicht mehr oxidiert wird. Außerdem sorgt die Phosphorsäure für eine hilfreiche Komplexbildung.

Darüber hinaus konnte auch nachgewiesen werden, dass andere Salze wie Sulfate, Acetate oder Phosphate die Oxidation von Chloridionen in einem gewissen Umfang unterbinden.

Eine mögliche Erklärung dafür ist die Komplexierung der erwähnten Mangan(III)-Ionen, denen ja eine bedeutende Rolle bei der Oxidation zugeschrieben wird.

Die Titration nach Reinhardt und Zimmermann war besonders in der Metallurgie und in Hüttenlaboratorien weit verbreitet, da sie eine direkte Analyse salzsaurer Lösungen von Eisenerzen und –legierungen ermöglicht, ohne dass Beimengungen von Metallen wie Kupfer oder Chrom stören. Ein Vorhandensein von Antimon muss dagegen vermieden werden.

Analyse von Uran und Phosphat

Auch Uran und Phosphat können durch Manganometrie bestimmt werden. Uran wird bestimmt, indem das in Uranylsalzen enthaltene Uran(VI) in schwefelsaurer Lösung zu Uran(IV) reduziert und mit Kaliumpermanganatlösung titriert wird. Bei der Verwendung von Aluminiumblech kann eine Reduktion zum Uran(III) vermieden werden.

Zur Bestimmung von Phosphat in künstlichen Düngemitteln werden die Phosphationen durch Zusatz eines Überschusses an Uranyl(VI)-acetatlösung quantitativ als Uranylammoniumphosphat gefällt:

HPO42- + NH4+ + UO22+ → NH4UO2PO4↓ + H+

Nach dem Abfiltrieren wird das Uranylammoniumphosphat dann in Schwefelsäure gelöst, reduziert und mit Kaliumpermanganatlösung titriert.

Analyse von Oxalat

Eine weitere Anwendung der Manganometrie ist die Titration von Oxalsäure und Oxalaten mit Kaliumpermanganatlösung.

Oxalate werden dabei in warmer schwefelsaurer Lösung nach der folgenden Reaktionsgleichung umgesetzt:

2 MnO4 + 5 C2O42- + 16 H+ → 2 Mn2+ + 10 CO2 + 8 H2O

Analyse von Calcium

Zur manganometrischen Bestimmung von Calcium können die Calcium(II)-Ionen mit Ammoniumoxalatlösung quantitativ ausgefällt werden:

Ca2+ + C2O42- → CaC2O4

Die Probenlösung muss dafür schwach ammoniakalisch sein und Ammoniumchlorid enthalten.

Das abfiltrierte und ausgewaschene Calciumoxalat wird zur Analyse in Schwefelsäure oder Salzsäure gelöst, woraufhin Oxalsäure freigesetzt wird. Die Oxalsäure kann dann mit Kaliumpermanganatlösung titriert werden.

Anwendung fand diese Analyse beispielsweise bei Herstellern von Mörtel und Zement oder bei der Bestimmung der Wasserhärte von Trink- oder Brauchwasser.

Analyse von Wasserstoffperoxid

Die Bestimmung von Wasserstoffperoxid mit Kaliumpermanganat ist besonders für Labore von Bleichereien relevant und verläuft glatt nach der folgenden Reaktionsgleichung:

2 MnO4 + 5 H2O2 + 6 H+ → 2 Mn2+ + 5 O2↑ + 8 H2O

Bei Anwesenheit von Salzsäure muss hier ebenfalls Reinhardt-Zimmermann-Lösung zugesetzt werden.

Neben Wasserstoffperoxid können auch Peroxide, Perborate und Percarbonate durch Manganometrie analysiert werden, da aus ihnen in schwefelsauren Lösungen Wasserstoffperoxid hydrolytisch abgespalten wird.

Analyse von Peroxidsulfat

Auch zur Bestimmung von Peroxidsulfat lässt sich die Manganometrie einsetzen. Zwar ist eine direkte Titration von Peroxodischwefelsäure mit Kaliumpermanganatlösung nicht möglich, die Peroxodischwefelsäure kann aber mit Eisen(II)-sulfat in Schwefelsäure umgewandelt werden und ist somit indirekt bestimmbar. Die Reaktionsgleichung der Reduktion lautet wie folgt:

S2O82− + 2 Fe2+ → 2 SO42− + 2 Fe3+

Zur Bestimmung des Peroxidsulfats werden nach der Reduktion die überschüssigen Eisen(II)-Ionen mit Kaliumpermanganatlösung zurücktitriert.

Analyse von Nitrit

Die Bestimmung von Nitrit erfolgt meistens durch eine inverse Titration, es wird also mit der Probenlösung titriert.

Ursache dafür ist, dass Nitrit von KMnO4 bei Raumtemperatur nur langsam oxidiert wird und sich salpetrige Säure bei Wärme zersetzt. Außerdem kann die salpetrige Säure aus einer schwefelsauren Lösung ohne Zersetzung erweichen.

Vorgelegt wird eine warme Kaliumpermanganatlösung, die mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert und bis zur Entfärbung titriert wird

Analyse von Hydroxylamin

Hydroxylamin kann manganometrisch bestimmt werden, indem es zunächst in saurem Milieu mit einem Überschuss Eisen(III)-Salzlösung zum Sieden gebracht wird. Nach der folgenden Reaktionsgleichung wird dabei das Hydroxylamin oxidiert:

2 NH2OH + 4 Fe3+ → N2O↑ + 4 Fe2+ + H2O + 4 H+

Gleichzeitig wird eine äquivalente Menge Fe(III)-Ionen zu Fe(II)-Ionen reduziert. Die Fe(II)-Ionen können anschließend mit Kaliumpermanganatlösung titriert werden, woraufhin sich der Gehalt an Hydroxylamin berechnen lässt.

Um die folgende Nebenreaktion zu vermeiden, muss bei der Analyse ein ausreichend großer Überschuss an Eisen(II)-sulfat verwendet werden:

4 NH2OH + 3 O2 → 6 H2O + 4 NO↑

Analyse von Mangan(IV)

Zur Bestimmung von Mangan(IV)-oxid werden die Mangan(IV)-Ionen zunächst nach der folgenden Reaktionsgleichung in schwefelsaurer Lösung mit einem Überschuss an Oxalsäure reduziert:

MnO2 + C2O42- + 4 H+ → Mn2+ + 2 CO2↑ + 2 H2O

Daraufhin folgt eine Rücktitration der überschüssigen Oxalsäure.

Um das Mangan in Manganeisenerzen, Roheisen und Stahl zu bestimmen, kann das Mangan(II) nach der folgenden Reaktionsgleichung mit Kaliumperoxodisulfat zu Mangan(IV) oxidiert werden:

Mn2+ + S2O82- + 2 H2O → MnO2↓ + 2 SO42- + 4 H+

Das ausgefallene Mangandioxid wird nach dem Abfiltrieren und Waschen titriert.

Analyse von Mangan(II)

Komplizierter als die Analyse von Mangan(IV) gestaltet sich die manganometrische Titration von Mangan(II).

Wenn eine sehr schwach saure Mangan(II)-Salzlösung bei einer Temperatur von ca. 80 bis 90 °C mit Kaliumpermanganatlösung versetzt wird, bildet sich nach der folgenden Reaktionsgleichung ein dunkelbrauner Niederschlag von Mangan(IV)-oxidhydrat:

2 MnO4 + 3 Mn2+ + 7 H2O → 5 MnO2 ∙ H2O↓ + 4 H+

Dieses Mangan(IV)-oxidhydrat nimmt allerdings leicht zweiwertige Kationen aus der Lösung auf, darunter auch Mangan(II)-Ionen, die folglich permanganometrisch nicht erfasst werden. Daher wird ein zu geringer Verbrauch an Kaliumpermanganatlösung beobachtet.

Um dieses Problem zu umgehen, können vor Beginn der Bestimmung andere zweiwertige Kationen wie etwa Zn2+ zugesetzt werden, so dass statt der Mangan(II)-manganate(IV) Zink(II)-manganate(IV) ausfallen.

Wenn eisenhaltige Manganerze oder –legierungen analysiert werden sollen, müssen die vorhandenen Eisen(III)-Ionen zunächst aus der Lösung entfernt werden. Aus der nahezu komplett neutralisierten Lösung kann das Eisen(III) nach der folgenden Reaktionsgleichung durch Versetzen mit aufgeschlämmtem Zinkoxid entfernt werden:

Fe2(SO4)3 + 3 ZnO + 3 H2O → 3 ZnSO4 + 2 Fe(OH)3

Gemäß Reinitzer und Conrath kann auf einen Zusatz von ZnO und ZnSO4 verzichtet werden, wenn in einer schwach essigsauren Lösung gearbeitet wird, die mit viel Natriumacetat gepuffert wird.

Analyse von Chrom in Stahl

Für die manganometrische Bestimmung muss die Probesubstanz als erstes in einem Schwefelsäure-Phosphorsäure-Gemisch gelöst werden. Die dabei entstehenden Chrom(III)-Ionen werden dann nach der folgenden Reaktionsgleichung unter Katalyse durch Silberionen zu Chrom(VI) oxidiert:

2 Cr3+ + 3 S2O82- + 7 H2O → Cr2O72- + 6 SO42- + 14 H+

Durch anschließendes Kochen mit Natriumchlorid wird entstandenes Permanganat zerstört und vorhandene Silberionen werden gefällt, damit diese später nicht mitreagieren und das Ergebnis nicht verfälschen. Gleichzeitig zerfällt dabei überschüssiger Peroxosauerstoff.

Das Dichromat wird daraufhin nach der folgenden Reaktionsgleichung in einer stark sauren Lösung mit überschüssiger Ammoniumeisen(II)-sulfat-Lösung umgesetzt:

Cr2O72- + 6 Fe2+ + 14 H+ → 2 Cr3+ + 6 Fe3+ + 7 H2O

Abschließend werden die nicht verbrauchten Eisen(II)-Ionen mit Kaliumpermanganatlösung zurücktitriert.

Darüber hinaus kann die Bestimmung von Chrom in Stahl auch mittels Ferrometrie direkt erfolgen. Zur Indikation des Äquivalenzpunkts wird dabei entweder ein Redoxindikator wie Ferroin verwendet oder es wird eine potentiometrische Titration durchgeführt.

Weiterführende Quellen

Jander, G. / Jahr, K. F. (2017): Maßanalyse – Titrationen mit chemischen und physikalischen Indikationen, 19. Auflage, Berlin / Boston