Leitfähigkeitstitration

Eine Leitfähigkeitstitration ist eine Titration, bei der man die Leitfähigkeit der Probenlösung beobachtet, während der Probe Maßlösung zugesetzt wird.

Alternativ wird sie auch als konduktometrische Titration bezeichnet oder man spricht von Konduktometrie.

Zur Erstellung einer Titrationskurve wird bei der Leitfähigkeitstitration die Leitfähigkeit κ gegen das zugesetzte Volumen V der Maßlösung aufgetragen.

Leitfähigkeitstitrationen lassen sich besonders dann gut durchführen, wenn an der Titrationsreaktion starke Elektrolyte beteiligt sind und in der Lösung ansonsten wenige Ionen vorkommen. Ein hoher Gehalt an Fremdelektrolyten erschwert dagegen die Erkennung des Endpunkts.

Grundlagen der Leitfähigkeitstitration

Die Leitfähigkeitstitration beruht prinzipiell darauf, dass wässrige Elektrolytlösungen elektrischen Strom leiten.

Gelöste Säuren, Basen und Salze dissoziieren, zerfallen also in elektrisch geladene Teilchen, die Ionen genannt werden. Zu unterscheiden sind dabei die positiv geladenen Kationen und die negativ geladenen Anionen.

In einem elektrischen Feld bewegen sich die Anionen zur Anode und die Kationen zur Kathoden, wobei gemäß dem Faraday’schen Gesetz pro Mol Äquivalentteilchen 96.494 Coulomb Elektrizität transportiert werden.

Die Höhe der Leitfähigkeit einer wässrigen Elektrolytlösung hängt von fünf verschiedenen Faktoren ab:

  1. Der Konzentration der Ionen in der Lösung.
  2. Der Zahl der von jedem Ion transportierten Elementarladungen.
  3. Der Beweglichkeit der Ionen im Lösungsmittel.
  4. Der Polarität des Lösungsmittels.
  5. Der Temperatur der Lösung.

Die Ionenbeweglichkeit u ist die Geschwindigkeit der Ionen in einem elektrischen Feld und hängt von den Eigenschaften der Ionen, ihren Solvathüllen, dem Lösungsmittel und der Feldstärke ab.

Die Leitfähigkeit κ der Lösung wird in Siemens/Meter (S/m) gemessen und ist die Summe der von den verschiedenen Ionensorten transportierten Elektrizitätsmengen:

κ = const ∙ ∑ ui ∙ zi ∙ ci

ui = Beweglichkeit der Ionensorte i

zi = Ladung der Ionensorte i

ci = Konzentration der Ionensorte i

Eine Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit basiert stets auf einer Messung des Widerstands R, der gemäß der folgenden Gleichung mit dem Leitwert G verknüpft ist:

GR = 1

Außerdem gilt für die Leitfähigkeit die folgende Gleichung:

κ = 1/Rl/q

l =Länge des Leiters

q =Querschnitt des Leiters

Die Widerstandsmessung zur Bestimmung der Leitfähigkeit muss stets mit Wechselstrom durchgeführt werden, da es an den Elektroden sonst zu einer Elektrolyse kommt.

Darüber hinaus ist für die Leitfähigkeitstitration auch die sogenannte Äquivalentleitfähigkeit Λ relevant, für die folgende Formel gilt:

Λ =(1000 ∙κ)/c

c = Stoffmengenkonzentration der Äquivalente in mol/L

Die Äquivalentleitfähigkeit strebt mit abnehmender Konzentration gegen einen Grenzwert Λ0, der sich aus der Summe der Ionenäquivalentleitfähigkeiten des Anions (lA) sowie des Kations (lK) ergibt:

Λ0 = lA + lK

Die nachfolgenden Tabellen geben die Äquivalentleitfähigkeiten verschiedener Kationen und Anionen in Wasser bei 25 °C an:

KationlK in (S cm2)/mol
H+349,6
Li+38,7
Na+50,1
K+73,5
Rb+77
Cs+77,7
NH4+74
Ag+62,2
Tl+74
½ Be2+45
½ Mg2+58
½ Ca2+59
½ Sr2+60
½ Ba2+63,2
½ Zn2+54
½ Cd2+54
½ Pb2+65
½ Mn2+50
½ Cu2+55,5
½ Ni2+49
Äquivalentleitfähigkeiten verschiedener Kationen in Wasser bei 25 °C
Anion lA in (S cm2)/mol
OH197
F55
Cl76,4
Br78
I77,1
CN82
CNS66
ClO365,3
BrO356
IO341,6
NO371,1
ClO467
IO455,6
MnO461
(HCOO)56
(CH3COO)41,4
½ SO42-79
½ CrO42-83
½ CO32-74
½ (C2O4)2-63
½ (C4H4O6)2-55
1/3 PO43-69
Äquivalentleitfähigkeiten verschiedener Anionen in Wasser bei 25 °C

Beispiel einer Leitfähigkeitstitration

Ein Beispiel für eine Leitfähigkeitstitration ist die Säure-Base-Titration von Salzsäure mit Natronlauge. Die Reaktion dieser Titration kann als Ionengleichung wie folgt formuliert werden:

H+ + Cl + Na+ + OH → Na+ + Cl + H2O

Aus dieser Gleichung folgt, dass die Gesamtleitfähigkeit der Probenlösung im Verlauf der Titration zunächst abnimmt.

Die Wasserstoffionen der vorgelegten Säure verbinden sich anfangs mit den zugesetzten Hydroxidionen der Natronlauge zu nahezu undissoziiertem Wasser, die Anzahl der Ionen verringert sich also.

Wie aus der Tabelle der Kationen abgelesen werden kann, haben die Natriumionen, die zunehmend an die Stelle der Wasserstoffionen treten, darüber hinaus eine deutlich geringere Äquivalentleitfähigkeit als die Wasserstoffionen.

Am Äquivalenzpunkt resultiert die Leitfähigkeit der Titrationslösung dann nur noch aus dem vorhandenen Natriumchlorid und erreicht folglich ein Minimum.

Wenn daraufhin weitere Natronlauge zugesetzt wird, können keine Wasserstoffionen mehr neutralisiert werden und die Leitfähigkeit der Lösung steigt durch die zusätzlichen Natrium- und Hydroxidionen wieder an.

Im Ergebnis erhält man eine V-förmige Titrationskurve, deren Vorteil darin besteht, dass sich der Äquivalenzpunkt durch zeichnerische Extrapolation ermitteln lässt.

Anwendung der Leitfähigkeitstitration

Leitfähigkeitstitrationen können sowohl für Bestimmungen mittels Säure-Base-Titration als auch für Bestimmungen mittels Fällungstitration verwendet werden.

Leitfähigkeitstitration zur Bestimmung von Säuren und Basen

Starke Säuren und starke Basen können durch eine Leitfähigkeitstitration auch sehr stark verdünnt noch exakt bestimmt werden, wobei sich die eingangs erwähnten V-förmigen Titrationskurven ergeben. Voraussetzung für diese Bestimmungen ist die Verwendung CO2-freier Laugen und CO2-freien Wassers.

Die Titration schwacher Säuren wie Blausäure oder Essigsäure mit einer starken Base wie Natronlauge und schwacher Basen wie Ammoniak mit einer starken Säure wie Salzsäure führt dagegen zu einem abweichenden Kurvenverlauf, bei dem der Äquivalenzpunkt nicht zwingend dem Minimum der Kurve entspricht.

Verdrängungstitration

Auch Lösungen der Salze schwacher Basen mit starken Säuren und der Salze schwacher Säuren mit starken Basen können durch Leitfähigkeitstitration bestimmt werden.

Die Dissoziationskonstanten dieser schwachen Basen beziehungsweise Säuren müssen sich dabei ausreichend von den jeweils in der Maßlösung enthaltenen starken Basen beziehungsweise starken Säuren unterscheiden.

Die Form der Titrationskurve hängt bei der Verdrängungstitration von Salzen schwacher Basen vom Verhältnis der Äquivalentleitfähigkeiten der Kationen ab. Bei der Verdrängungstitration von Salzen schwacher Säuren dagegen vom Verhältnis der Äquivalentleitfähigkeiten der Anionen.

Konduktometrische Fällungstitrationen

Große praktische Relevanz haben konduktometrische Fällungstitrationen, da es für die Erkennung der Endpunkte diverser Fällungsreaktionen keinen geeigneten Indikator gibt.

Genaue konduktometrische Fällungsbestimmungen gelingen insbesondere dann, wenn der gefällte Niederschlag eine möglichst geringe Löslichkeit aufweist.

Außerdem sollte er eine definierte Zusammensetzung haben, wenig adsorbieren und in der Folge nicht weiter reagieren.

Auch eine möglichst schnelle und quantitative Fällung ist von Vorteil.

Weiterführende Quellen

Jander, G. / Jahr, K. F. (2017): Maßanalyse – Titrationen mit chemischen und physikalischen Indikationen, 19. Auflage, Berlin / Boston